Erbrecht
Alle Regelungen, die den Eigentumsübergang vom Verstorbenen zu seinen Erben betreffen, sind im Erbrecht festgelegt. Das Erbe, auch als Nachlass bezeichnet, beinhaltet neben Sachwerten, Forderungen und Besitzrechte auch Schulden und Verpflichtungen.
Neben den juristischen Fragestellungen geht es in erbrechtlichen Angelegenheiten insbesondere auch um emotionale Befindlichkeiten.
Testament:
In ca. 80 % der Erbfälle existiert kein Testament. In Erbfällen, bei denen ein Testament vorhanden ist sind häufig erhebliche erb- wie steuerrechtliche Fehler enthalten, welche zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen können. Dennoch setzen viele Erblasser ihr Testament ohne anwaltliche Beratung auf.
Nachfolgend erhalten Sie einen kurzen Überblick der erbrechtlich relevanten Fragestellungen:
Pflichtteil:
Der Pflichtteilsanspruch ist gesetzlich verankert und lässt sich durch letztwillige Verfügung nur in Ausnahmefällen umgehen.
Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge (Nachkommen) des Erblassers. Sollten diese fehlen, sind es die Eltern des Erblassers. Außerdem ist auch der/die Ehepartner(in) des Erblassers pflichtteilsberechtigt.
Zur Berechnung des Pflichtteils müssen zunächst die Vermögenswerte gegen die Schulden und die Erbfallkosten (Beerdigungskosten) aufgerechnet werden. Das aus dieser Vergleichsrechnung übrig bleibende Reinvermögen bildet die Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils.
Der Pflichtteil beträgt 50 % des sich nach Abzug aller Verbindlichkeiten ergebenden Nachlasses und muss gleichmäßig an die Pflichtteilsberechtigten verteilt werden. Sind also beispielsweise 4 Abkömmlinge vorhanden, müsste jeder mindestens 12,5 % des Nachlasses erhalten. Zusätzlich zum Pflichtteilsanspruch kann ggf. auch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend gemacht werden. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch basiert auf Schenkungen, welche der Erblasser zu Lebzeiten durchgeführt hat.
Schenkung:
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch errechnet sich aus der Summe der anrechenbaren Schenkungen. Schenkungen sind anrechenbar, wenn sie weniger als 10 Jahre zurückliegen. Schenkungen, die weniger als 1 Jahr zurückliegen können voll auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch angerechnet werden. Liegt die Schenkung ein Jahr zurück, dürfen nur noch 90 % des Werts der Schenkung für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs herangezogen werden. Zwei Jahre nach der Schenkung sind es nur noch 80% usw. Eine Ausnahme stellen Schenkungen an Ehegatten dar, welche noch nach bis zu 30 Jahren anrechenbar sein können. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist zunächst aus dem Nachlass zu leisten. Ist der Nachlass verbraucht, kann der Pflichtteilsergänzungsanspruch direkt an den Beschenkten gerichtet werden.
Erbengemeinschaft:
Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, wird der Nachlass gesamthänderisches Vermögen derselben. Oft ergeben sich Konflikte über die Verteilung bzw. die Art und Weise der gemeinsamen Verwaltung des Vermögens. Zur Vermeidung empfiehlt sich die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers, der im Erbfall zwischen den Mitgliedern der Erbengemeinschaft vermittelt und befugt ist notwendige Entscheidungen zu treffen.
Die Auflösung der Erbengemeinschaft ist grundsätzlich möglich.
Die Teilungsanordnung:
Eine weitere Möglichkeit, das Streitpotenzial innerhalb einer Erbengemeinschaft zu minimieren ist die Teilungsanordnung. Der Erblasser kann durch eine Verfügung anordnen, dass der Nachlass im Erbfall entsprechend seiner Vorstellungen auf die Erben verteilt wird. Hierbei ist zu beachten, dass die Erbquote eingehalten werden muss. Bevorzugt der Erblasser durch eine stark ungleichgewichtige Verteilung seines Nachlasses einen bestimmten Erben stärker als die übrigen, so muss dieser an die übrigen Erben Ausgleichszahlungen bis zur Egalisierung der Erbquote entrichten. Die Teilungsanordnung ist insbesondere bei Nachlässen mit vielen Sachwerten anspruchsvoll, im Hinblick auf die Vermeidung von Auseinandersetzungen aber zu empfehlen..
Vorausvermächtnis:
Das Vorausvermächtnis ist ein auf bestimmte Erben gerichtetes Vermächtnis.
Wie bei der Teilungsanordnung kann der Erblasser auch beim Vorausvermächtnis bestimmte Vermögensgengenstände gezielt an bestimmte Erben weitergeben. Der Unterschied zur Teilungsanordnung ist allerdings, dass der wertmäßige Ausgleich (Erbquote) zwischen den Erben im Falle unterschiedlicher Wertigkeiten nicht zwingend erfolgen muss. Für Erblasser, die keinen wertmäßigen Ausgleich unter den Erben wünschen, sind die Regelungen im Rahmen des Vorausvermächtnisses zu empfehlen. Die Pflichtteilsregelung bleibt unberührt.
Die Erbenhaftung:
Gemäß § 1967 BGB haften die Erben für alle Nachlassverbindlichkeiten, beispielsweise Schulden, Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen. Häufig sind die Erben nicht ausreichend über die Vermögenssituation des Erblassers informiert, um beurteilen zu können, ob der Nachlass überschuldet ist. Die Fristen für die Annahme des Erbes sind in der Regel zu kurz, um genauen Aufschluss über die tatsächlichen Vermögensverhältnisse zu erlagen. Recherchen werden durch die Auskunftsverweigerung der Banken und Versicherungen erschwert, zumal für eine Auskunftserteilung regelmäßig ein Erbschein verlangt wird. Diesen erhält der Erben allerdings erst, nachdem er das Erbe angenommen hat. Eine prekäre Situation also, die erhebliche Haftungsrisiken nach sich ziehen kann. Es gibt verschiedene Optionen einer Haftungsbegrenzung des Erben (z.B. Nachlassinsolvenz oder Dürftigkeitseinrede). Welche Möglichkeiten sich anbieten, kann in einem individuellen Beratungsgespräch erörtert werden.
Erbschaftsteuerrecht:
Schenkungs- und Erbschaftsteuer wurden mit Wirkung zum 1. Januar 2009 reformiert und spielen inzwischen auch bei geringwertigen Nachlässen eine immer größere Rolle.
Um den Nachlassempfängern übermäßige Steuerbelastungen zu ersparen, sollte der Erblasser bereits zu Lebzeiten eine geschickte Vermögensplanung unter Einbeziehung der erbschaftsteuerrechtlichen Bestimmungen initiieren.
Steuersätze:
Die neuen Erbschaft- und Schenkungssteuersätze sind in drei Steuerklassen unterteilt. Für Erben der Steuerklassen II und III gilt ein einheitlicher Tarif mit zwei verschiedenen Steuersätzen - jeweils 30 % und 50 %. Der Steuersatz von 50 % gilt für steuerpflichtige Erben über 6 Mio. €.